„Verdammt“, dachte Elli und schnappte sich noch schnell ihre Unterlagen und stopfte sie in ihre schon völlig überfüllte Umhängetasche. „Erst verschlafen und dann noch viel zu lange dafür gebraucht, um ein passendes Outfit anzuziehen. Was bin ich nur immer so unorganisiert?!“,
grübelte sie vor sich hin. Sie griff mit ihrer linken Hand nach ihrem Kaffeebecher und mit der rechten Hand nach ihrem Schlüssel. Der Schlüsselanhänger - eine gelbe Giraffe – schwang energisch gegen ihren Becher, klirrte und ließ ihre Hand ein wenig erzittern. „Aua“, dachte Elli, „jetzt habe ich auch noch Kaffee auf meine neue Bluse geschüttet. Heute geht aber auch alles schief.“
Vollkommen abgehetzt, verspätet und mit etwas Kaffee bekleckert, öffnete sie die Tür zum Konferenzraum und blickte in die Gesichter ihrer KollegInnen. Sie schloss vorsichtig die Tür und schlich zu ihrem Stuhl. An ihrem Platz angekommen, bemerkt sie, wie ihr alle Blicke gefolgt waren und einige fingen schon an, leise miteinander zu tuscheln. Elli merkte, wie ihr die Röte ins Gesicht schoss und senkte schnell den Blick. „Wie peinlich! Was denken jetzt bloß die Anderen von mir?“, fragte sie sich im Stillen, „Sicher finden sie mich total unorganisiert, respektlos und inkompetent. Oh nein, und die beiden dort vorne lästern bestimmt über den Kaffeefleck. Dabei habe ich doch extra mein bestes Outfit rausgesucht, um mal genauso gut auszusehen wie Cecilia. Am Liebsten würde ich einfach im Boden versinken wollen!“
Kennst Du solche oder ähnliche Gedanken von Dir, in denen Du dich mit Anderen vergleichst und irgendwie immer schlechter abschneidest? Du denkst, dass du unorganisierter, inkompetenter, hässlicher, unsportlicher, nicht so kreativ und schon gar nicht witzig und beliebt bist. Und wenn Du das schon denkst, was denken dann bloß die Anderen über Dich?
Und das Gemeine daran ist:
Du bist so eingeschüchtert von den wahnsinnig tollen Talenten der Menschen um Dich herum, dass Du dir überhaupt nichts mehr zutraust. Und selbst wenn Du dir mal etwas zutraust, zögerst Du so lange damit, es tatsächlich zu tun, bis es zu spät ist. Denn was ist, wenn die Anderen Dich negativ bewerten?
Ein Gefühl, das hinter all diesen Gedanken und Zweifeln steht, ist Angst - Angst vor Ablehnung. Und diese Angst hält Dich dann davon ab, du selbst zu sein und dein Leben so zu leben, wie Du es für richtig erachtest. Auf diese Weise klingt es eigentlich ziemlich grotesk, sich dermaßen zu verbiegen, um ein Leben zu von jemand anderen nachzueifern.
Warum sind uns die Meinungen anderer dennoch wichtig?
Menschen sind soziale Wesen und eines unserer Grundbedürfnisse ist die Liebe. Wir wollen geliebt werden. Wir wollen akzeptiert werden. Und wir wollen dazugehören. Dieser Wunsch ist vollkommen natürlich und tief in uns verankert. Blicken wir weit zurück und betrachten die Geschichte der Menschheit, so sehen wir vereinzelte Gruppen, die aufeinander aufpassen, und die sich gegenseitig unterstützen. Sie machen es ganz instinktiv, denn ohne die Gemeinschaft könnten sie nicht überleben. Diesen Instinkt tragen wir in uns, und aufgrund dieses Bedürfnisses nach Zugehörigkeit sind uns die Ansichten anderer Menschen wichtig – vor allem die unseres direkten Umfelds.
Doch das ist nicht der einzige Grund für unsere ständigen Vergleiche. Eine Gruppe kann nur bestehen, wenn sich alle an gewisse Rahmenbedingungen halten. Normen und Werte, aufgestellte Gesetze und Umgangsformen sind Teile unserer jeweiligen Sozialisation. Vielleicht hast Du schon einmal die folgenden Sätze gehört:
„So etwas macht man nicht.“
„Nur mit Fleiß kann etwas aus dir werden.“
„Es ist wichtig, sich um andere zu kümmern.“
„Es wird dich niemand mögen, wenn du immer so aufmüpfig bist.“
Es wird uns suggeriert, dass wir zu der Gruppe dazugehören, und uns daher die Meinung anderer über uns wichtig sein sollte. Aber was wird aus unserer Individualität? Was wird aus unseren eigenen Vorstellungen? Was wird aus unserem persönlichen Glück? Neben diesen Fragen verinnerlichen wir den Glaubenssatz „Wenn ich etwas anders mache als alle anderen, dann wird etwas Schlimmes passieren.“ und löst eine tief sitzende Angst aus, die wir ununterbrochen in uns tragen.
Dieser Glaubenssatz spiegelt sich auch in den Gedanken von Elli wieder. Sie kommt zu spät und gehetzt zu einer Konferenz, weil sie sich extra ein Outfit rausgesucht hat, das ähnlich wie der Kleidungsstil ihrer Kollegin Cecilia ist. Zudem hat sie einen Kaffeefleck auf ihrer Bluse und fürchtet sich vor der negativen Bewertung ihrer tuschelnden KollegInnen. Elli fragt sich, ob sie nun als inkompetent und unorganisiert abgestempelt wird. Sie macht sich große Sorgen darum, nicht mehr zu der Gruppe ihrer ArbeitskollegInnen dazu zu gehören.
Diese Angst verunsichert Dich jedoch. Diese Angst lähmt Dich vielleicht. Aus dieser Angst triffst Du falsche Entscheidungen und die führen dazu, dass Du dich unwohl fühlst. Doch vor der Angst steht der Gedanke. Vor der Angst steht der Vergleich. Somit höre auf damit, dein Herz unaufhörlich zu vergiften.
Fragst Du dich nun, wie das funktionieren kann? Doch bevor es zu den 5 Geheimtipps geht,
Halte Dir die folgenden 3 Aussagen vor Augen:
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Nicht nur Du vergleichst Dich ständig. Nicht nur Du bist unsicher. Nicht nur Du zweifelst. Und nicht nur Du hast Angst vor Ablehnung. Allen anderen geht es genauso. Von daher begegne deiner Unsicherheit, deinen Zweifeln und deiner Angst mit Verständnis, mit Annahme und Liebe. Verstehe, dass es Dich NOCH beschäftigt. Nimm an, wer Du bist, was Du brauchst, und welchen Weg Du einschlagen möchtest. Und fange an, Dich für deine Einzigartigkeit zu lieben.
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Deine Gedanken entsprechen nicht immer der Wahrheit. Die meisten deiner Gedanken sind Konstrukte deiner Ängste. In der kleinen Geschichte dachte Elli, dass die flüsternden KollegInnen schlecht über sie reden. Doch vielleicht haben sie sich auch über den Vortrag unterhalten oder sie haben sich für später verabredet. Elli hat nicht gehört, worüber sie sich tatsächlich unterhalten haben. Daher sei etwas vorsichtiger mit dem, was Du für wahr hältst. Denn deine Gedanken sind es nur in wenigen Fällen.
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Was andere über mich denken, hat nichts mit mir persönlich zu tun. Klingt diese Aussage etwas seltsam für Dich? Ist sie gar nicht! Unsere Gedanken werden beeinflusst von unseren Glaubenssätzen und die werden durch unsere Vorerfahrungen, Erwartungen, Vorlieben und Abneigungen gebildet. Jeder betrachtet eine Situation auf seine ureigene Art und Weise. Was andere Menschen also denken, hat nichts mit Dir und stattdessen sehr viel mit der jeweiligen Person zu tun. Und ganz ehrlich, egal was ich tue und egal, wie ich aussehe, es wird immer Menschen geben, die mich nicht gut finden.
Mit welchen 5 Strategien kannst Du deine Einstellung zu Dir und zu Anderen verändern?
1. Schaffe Bewusstsein für deine Glaubenssätze und darüber, ob bzw. welche Diskrepanz zwischen deinem jetzigen und deinem selbst bestimmten Leben vorliegt.
2. Wir neigen dazu, uns die schlimmsten Szenarien auszumalen. Wir glauben eher unseren Zweifeln und geben unseren Ängsten ihren Raum, anstatt der Liebe zu vertrauen. Deshalb hinterfrage deine Gedanken und versuche zu erkennen, welchem Muster Du unterliegst. So kannst Du voreilige Schlüsse unterbinden und zu einer wahrheitsgetreueren Einschätzung der Realität kommen.
3. Beantworte die folgende Frage:
Was ist das Schlimmste, was passieren könnte, wenn ich … mache?
Wenn Du zum Beispiel eine neue Sprache lernen und dafür einen Kurs besuchen möchtest, und Dich nicht traust die vorgegebenen Sätze laut auszusprechen, aus Angst, irgendetwas falsch auszusprechen. Was ist das Schlimmste, was passieren könnte? Du wirst bestimmt das ein oder andere falsch aussprechen. Aber allen anderen aus dem Kurs wird es ähnlich ergehen. Und anstatt Dich für die Fehler zu schämen, konzentriere Dich lieber auf all die Wörter, die Du richtig ausgesprochen hast. Fokussiere Dich auf die vielen Wörter, die Du neu gelernt hast. Und wie kann man etwas Neues lernen, wenn man keine Fehler macht? Viel schöner ist es doch, sich gemeinsam für die kleinen Erfolge und Fortschritte zu loben.
4. Beantworte auch die nächste Folge:
Was ist das Schlimmste, was passieren könnte,
wenn ich vor lauter Angst … nicht machen würde?
Bleiben wir bei dem Beispiel der vorherigen Frage. Du gehst nicht zum dem Kurs und du lernst keine neue Sprache. Du verzichtest auf die Sache, die Dir Freude bereiten würde. Und das frustriert und verstärkt deine Ängste und Zweifel. Was ist Dir also wichtiger – Verzicht und Frust oder Entfaltung, Erfüllung und Lebensfreude.
5. Nimm Dich an – mit all deinen Stärken und Schwächen und an guten, wie schlechten Tagen. Wenn Du dir vertraust, Dich akzeptierst und mitfühlend mit Dir umgehst, dann ist es dir plötzlich vollkommen egal, was andere Menschen über Dich denken, und Du fühlst dich frei, dich selbst zu entfalten.
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Lasse (Donnerstag, 27 Januar 2022 22:28)
Toller Beitrag! :)