Es gibt ein seltsames Phänomen, mit dem auch ich in meiner Schwangerschaft in Berührung gekommen bin. Denn kaum ist die Schwangerschaft bekannt gegeben, verstehen einige Menschen diese schöne Neuigkeit als Einladung, entweder ungefragt ihren Rat zu geben oder Bemerkungen fallen zu lassen, die negativ, verletzend oder einfach unangebracht sind.
Bei den folgenden 5 grenzüberschreitenden Kommentaren möchte ich daher gerne aufmerksam machen, wie eine unbedachte Bemerkung bei einer schwangeren Frau ankommen kann, welche Alternative es gibt und dazu ermuntern, zukünftig ganz nach dem Motto „Erst nachdenken, dann reden“ zu handeln.
"Das ging aber schnell nach der Hochzeit."
Stimmt, wir haben geheiratet. Und dieser Tag hätte nicht schöner sein können. Und jetzt beginnt ein neuer Lebensabschnitt für uns. Wir erwarten ein Kind. Doch was hat unsere Hochzeit mit der Schwangerschaft zu tun? Kann man etwa nur ein Kind bekommen, wenn man verheiratet ist? Oder klappt es etwa schneller, wenn man verheiratet ist? Und ist eine Hochzeit der früheste Startpunkt fürs Kinder kriegen? Oder kann nicht auch der Wunsch bereits zuvor bestehen? Freut sich die Person für uns oder bedeutet diese Bemerkung, dass sie oder er sich eher nicht freut? Was genau möchte uns die Person mit dieser Aussage mitteilen?
Fragen über Fragen – doch eines steht auf jeden Fall fest. Jede Frau und jeder Mann kommt irgendwann in ihrem oder seinem Leben an einen Punkt, an dem man insgeheim spürt, ob man ein Kind möchte. Es ist ein besonderes Gefühl – das des Babywunsches – eine Gewissheit und Klarheit, die einen durchfährt und Weg weisende Weichen stellen kann. Aus diesem Gefühl kann jeder für sich ganz alleine irgendwann die Entscheidung treffen, ein Kind bekommen oder nicht bekommen zu wollen. Und dann folgt noch eine gemeinsame Entscheidung, wann man es denn versuchen möchten. Hier gibt es kein „richtig“ und kein „falsch“, und es gibt schon gar nicht „den einen richtigen Zeitpunkt“.
Ist die Entscheidung getroffen, liegt alles weitere in der Hand des Schicksals. Wann es klappen wird, weiß niemand im Vorhinein. Alles ist ungewiss. Spannend. Aufregend. Und vielleicht ein wenig beängstigend. Lass Dich daher nicht verunsichern, wenn Du einen solchen Satz zu hören bekommst. Eine Hochzeit hat nichts mit dem Kinderwunsch zu tun. Auf einer Hochzeit ehrt man die Liebe zwischen zweier Menschen, die nochmal vor all ihren Liebsten „Ja“ zueinander sagen wollen. Sie sagen „Ja“ zueinander und „Ja“ zu einem Leben miteinander. Ob ein, zwei, drei oder kein Kind zu diesem Leben dazugehören wird, spielt hierbei keine Rolle. Diese Entscheidung treffen zukünftige Eltern vollkommen losgelöst von einer Ehe. Und ob ein Kind vor einer Ehe, kurz oder lange nach einer Hochzeit auf die Welt kommt, ist ganz alleine vom Schicksal bestimmt.
"Das, was Du immer gewollt hast."
Das sollte nicht die erste Reaktion nach der Bekanntgabe dieser tollen Neuigkeiten sein. Schließlich ist ein kleiner neuer Mensch auf dem Weg und alleine diese Tatsache ist Grund genug für Dankbarkeit und Freude. Die werdenden Eltern wünschen sich nichts weiter, als Glückwünsche zu empfangen und möchten einfach sehr gerne ihre Freude mit ihrer Familie und ihren Freunden teilen.
Es kann die unterschiedlichsten Gründe geben, warum es einer anderen Person nicht möglich ist, diese Freude ebenso zu empfinden. Ein unerfüllter Kinderwunsch, Neid oder vielleicht auch der Verlust eines eigenen Kindes können der Freude im Wege stehen. Trotz allem ist es wichtig, sich darauf zu besinnen, um wen es gerade geht. Es geht um diesen kleinen Menschen, der - Trauer oder Neid hin oder her - bereits existiert - zwar winzig klein, aber das ändert sich bekanntlich rasend schnell. Und dieses Wunder ist wie ein unbeschriebenes Blatt. Es hat nichts falsch gemacht. Es hat das Leben dieser Person nicht negativ beeinflusst. Denn wenn jemand unzufrieden ist mit sich oder seinem Leben, liegt es immer an der Person selbst, daran etwas zu verändern. Missgunst ist hier fehl am Platz. Dabei ist es auch nicht nötig, überschwänglich in Freudentränen auszubrechen. Es reichen lediglich ein paar liebe Worte, wie „Herzlichen Glückwunsch. Ich freue mich sehr für euch und wünsche euch von Herzen alles Gute.“.
Eine ironische Bemerkung wie "Du isst heute aber gesund."
Eine Schwangerschaft bringt viele Veränderungen mit sich. Der Körper verändert sich nahezu täglich und es finden unzählige Prozesse statt, die einem gar nicht alle bewusst sind. Natürlich probiert jede Schwangere ihrem Körper in dieser besonders herausfordernden Zeit die Nährstoffe zu geben und die Bedürfnisse zu erfüllen, nach denen der Körper verlangt. Bei vielen bedeutet das mehr zu schlafen, häufiger Pausen zu machen und sich ausgewogen und gesund zu ernähren. Schließlich geht es um das Wohlergehen des eigenen Babys und keine Mutter möchte ihrem Kind schaden. Was denn nun allerdings als „gesund“ verstanden wird, ist schon unabhängig der Schwangerschaft sehr individuell. Die einen essen Fleisch, andere verzichten darauf. Einige essen drei Portionen Obst am Tag. Die anderen empfinden den Keks nachmittags zum Kaffee als Genuss. Ganz egal, wie sich jemand in der Schwangerschaft ernährt. Es geschieht aus bestem Wissen und Gewissen.
Du brauchst Dich nicht vor irgendwelchen anderen Personen rechtfertigen, was Du isst oder wie viel Du isst. Das macht weder dein Gegenüber, noch sonst wer. Warum solltest Du es daher tun? Dein Körper wird dir schon signalisieren, was er braucht. Und du wirst schon den besten Weg für Dich und dein Baby finden – ganz unabhängig davon, was andere als den vermeintlich „richtigen“ Weg empfinden.
"Oha, dein Bauch ist aber groß geworden."
Das ist wirklich ein spannender Prozess in der Schwangerschaft. Der Bauch wächst – erst unmerklich und dann immer sichtbarer, bis die Schwangere selbst irgendwann ihre Füße nicht mehr sehen kann. Der Bauch wächst, weil ein kleiner Mensch heranwächst. Aus einem winzigen Samenkorn bis zur Größe einer Wassermelone. Der Körper verändert sich und diese Veränderungen können für Schwangere eine Herausforderung sein. Für die meisten Frauen sind die 9 Monate der Schwangerschaft eine unvergessliche Zeit. Doch unvergesslich heißt nicht immer schön. Die Kleidung zwickt und passt irgendwann gar nicht mehr. Müdigkeit, Übelkeit, Dehnungsstreifen, geschweige denn das Schuhe anziehen in den letzten Wochen vor der Geburt. Schwanger zu sein kann umständlich und einschränkend sein, während man zugleich von der Magie verzaubert wird - Bewegungen des eigenen Babys und die immer weiter anwachsende bedingungslose Liebe.
Bekommt nun eine Schwangere solch eine Aussage zu hören, kann sie es an einem Tag locker wegstecken und denkt vielleicht mit stolz „Ja, mein Baby wächst, ist gesund und munter.“. Doch an einem anderen Tag verunsichert oder verletzt sie diese Bemerkung. Da fühlte sie sich vielleicht schwerfällig, weil sie nur über die Seite rollend aus dem Bett aufstehen konnte. Beim Jacke zuknöpfen mussten die Knöpfe offen gelassen werden und nach einem kritischen Blick in den Spiegel sah sie all die Wassereinlagerungen, die sie seit Tagen plagten.
Was soll dann diese schwangere Frau mit einer solchen Aussage tun? Den Bauch einziehen oder lieber nochmal kontrollieren lassen, ob nicht doch Zwillinge oder Drillinge unterwegs sind?
Viele Frauen hadern mit den vielen körperlichen Veränderungen und sind selbst unsicher und viel verletzlicher. Da ist ein vielleicht neutral gemeinter Kommentar einfach fehl am Platz und kann das Unwohlsein im eigenen Körper verstärken.

Der Bauch wächst, weil ein Mensch heranwächst. Jeder Körper verändert sich auf eine andere Art und Weise. Und ob ein kleiner, großer, runder oder spitzer Bauch ist ganz egal. Unser Körper weiß, was er tut. Und ja, der Bauch wächst eben, doch es muss nicht von den Menschen im Umfeld kommentiert werden.
Eine Schwangerschaft löst im Allgemeinen eine große Faszination aus. Doch wie wäre es lieber mit einem Kompliment statt einer verunsichernden Bemerkung und probiere es mit „Du siehst toll aus. Du strahlst richtig von innen heraus.“
"Mach das, solange Du noch kannst."
Die Geburt eines Kindes verändert das eigene Leben. Ein neuer Abschnitt beginnt. Vorbei mit der Zweisamkeit, mit Kino, Schlaf, Konzerte, Restaurantbesuche, Romantik, Reisen, Lesen oder Freunde treffen. Stattdessen erwarten einen schlaflose Nächte, Geschrei und noch mehr Geschrei. Das „schöne“ Leben ist vorbei. Geplatzt wie eine Seifenblase. So klingt es zumindest, wenn andere Menschen diese Bemerkung fallen lassen.
Die Geburt eines Kindes verändert das eigene Leben. Ein neuer Abschnitt beginnt. Doch was ist mit all den wunderschönen Veränderungen, die auf einen zukommen werden? Was ist mit dem ersten Blick in die Augen, dem freudigen Jauchzen, den Abenteuern, das Schaukeln auf dem Spielplatz, Schwimmbadbesuche oder das viele gemeinsame Kuscheln und Vorlesen? Wahrscheinlich werden Kinobesuche weniger und bestimmt erwarten Eltern unzählige schlaflose Nächte. Doch das heißt nicht, dass das „schöne“ Leben vorbei ist, oder dass es sich nicht nach einer gewissen Zeit wieder verändern wird.
Das Leben funktioniert nach seinem eigenen Rhythmus. Alles hat seine Zeit. Und egal, welches Lebensmodell jemand wählt und welche Entscheidungen jemand trifft, ist es nicht besser oder schlechter.
Wie wäre es daher, wenn man werdende Eltern ...
… ermutigt statt verängstigt?
… bestärkt statt verunsichert?
Wäre es wirklich so verrückt und abwegig, die werdenden Eltern die Vorteile statt die Nachteile von Kindern vor Augen zu führen? Oder soll etwa die Negativität die Vorfreude auf das kleine Wunder besiegen?
Ein paar Worte zum Abschluss
Jede schwangere Frau ist wunderschön. Es gibt kein zu jung, zu alt, zu dick oder zu dünn. Es gibt kein „richtig“ oder „falsch“. Aber es gibt die werdenden Eltern, die bereits von Anfang an eine innige Bindung zu ihrem Kind haben. Das ist schon biologisch veranlagt und ganz natürlich. Die werdende Mama trägt ein kleines Wunder in sich. Sie spürt es Tag für Tag. Und während ein neues Menschenleben heranwächst, wird die Bindung immer stärker und stärker. Die Liebe wächst und mit ihr die Gewissheit, was das eigene Kind braucht. Niemand sonst kann Antworten darauf geben. Und niemand sonst hat die Berechtigung ungefragt Ratschläge zu erteilen – seien sie noch so gut gemeint.
Jede schwangere Frau ist wunderschön. Es ist eine einzigartige Zeit. Eine Lebens verändernde Zeit. Und in dieser Zeit haben manchmal die Ungewissheit oder Unsicherheiten die Oberhand. Und statt die werdenden Eltern mit grenzüberschreitenden Kommentaren noch weiter zu verunsichern oder gar zu ängstigen oder zu verletzen, ist es an der Zeit, der Liebe der Eltern zum ungeborenen Kind zu vertrauen und sie auf ihrem Weg vom Paar zur Familie zu bestärken.

Kommentar schreiben